DREAMTEAM - VATER & SOHN: LYRIK & PHYSIK AUS JÜLICH!

Der Lyriker und Künstler THOMAS HOLZAPFEL alias TOM DE TOYS wurde 1968 in Jülich geboren und lebte von 1997 bis 2012 in Berlin, wo er eine feste Größe der Neuköllner Kreativszene war, bevor er ins Rheinland zurückkehrte und 2017 das 3.OFFLYRIKFESTIVAL in Düsseldorf organisierte und moderierte. Sein Vater, der Physiker und Klimaforscher DR. CHRISTIAN HOLZAPFEL (Jahrgang 1937), lebt im Jülicher Nordviertel, wo das Interview 2019 mit seinem Sohn geführt wurde. Vater & Sohn philosophieren gerne über ontologische Fragen...



 

"auch bezieht er erkenntnisse der neurobiologie und gehirnforschung ein.
(...) die tendenz geht dabei vom intellektuellen zum meditativen.
er ermutigt zu einem ganzheitlichen sinnlichen leben."
Holger Benkel, in: kritik und postulat, 25.5.2018 bei KUNO

 

"Tom de Toys – das ist der Doyen aller schreibenden Neurotiker:

Formfetischist und Dekorateur lyrischer Leerformeln: Das aufgeblasene Nichts."

Ulrich Bergmann (Deutschlehrer), 24.1.2019 bei KUNO

 

"Die Transformation einer ganz gewöhnlichen Erfahrung in ein Stück Literatur,

das ist es, was ihn über 30 Jahre lang angetrieben hat. (...) Dieser Autor versucht

unermüdlich den Sprachpanzer der scheinbar aufgeklärten Gesellschaft

mit einem stream of consciousness aufzubrechen und wendet sich

mit ungeheurer Vehemenz gegen eine durchfiktionalisierte Welt."
Matthias Hagedorn, in: Trash-Lyrik @ its best!, 5.11.2014 bei KUNO

 

Fast genau 10 Jahre vor dem hier zu lesenden Dichterporträt, am 8.9.2009, erschien anläßlich des Autorenporträts der Jülicher Nachrichten über den damals noch lebenden Jülicher 10.Nahbellpreisträger KARL-JOHANNES VOGT ein kurzes Interview mit Tom de Toys, das die Lokalredakteurin Saskia Zimmer mit ihm geführt hatte. Was erwartet uns wohl 2029 ?

Thomas Holzapfel (r.) präsentiert seine Gedichtsammlung „Fraglos leben“. Darin findet sich unter anderem ein Quantengedicht, zu dem ihn sein Vater Christian Holzapfel, seinerzeit theoretischer Physiker, inspiriert hat. Foto: Günter Vogel

 

Originalquelle: Lokales / Jülich am 7. Oktober 2019
Dichter Thomas Holzapfel aus Jülich im Porträt

 

Von Günter Vogel

 

Dichter Thomas Holzapfel

Klare Worte statt großer Metaphern

 

 

Jülich / Thomas Holzapfel hat sich der schnörkellosen Poesie verschrieben. Seine Werke soll man nicht interpretieren müssen, weil man sie sofort versteht, das ist dem aus Jülich stammenden Dichter wichtig. Auch Ereignisse aus seiner Heimat verarbeitet er in diesem Stil.

 

Das Jülicher Nordviertel, eine Bäckerei mit angeschlossenem kleinen Café. Am hinteren Tisch sitzen sie vor belegten Brötchen und Kaffee: Siegfried Sühd, Herold Himmelfahrt, Bruno Brachland, Tomithy Holeapple und Tom de Toys. Tom de wer?? Alle fünf sind nur einer, nämlich bürgerlich Thomas Holzapfel, früher ein Junge aus dem Nordviertel, heute ein Künstler, ausgestattet aber nicht mit einer multiplen Persönlichkeit, sondern mit verschiedenen Künstler-Alias-Namen.

„Das hat mit meiner Kunst zu tun“, erklärt er, „und das ist die Lyrik. Sie sind ein Strukturelement, wie der Titel eines Gedichtes auch.“ Seit seiner Schulzeit am Gymnasium Zitadelle beschäftigt er sich mit Sprache, und hier vor allem mit Gedichten. „Lyrik ist eine Nische im deutschen Literaturbetrieb, und meine Lyrik ist eine Nische in der Nische.“ Denn sie ist besonders. Auf den ersten Blick leicht verwirrend, vielleicht sogar befremdend für diejenigen, die mit einem Gedicht Reime erwarten, Metaphern und genau die Frage, die seit Schulzeiten jeder kennt: Was will uns der Dichter damit sagen?

 

Mitten ins Herz

 

Deshalb ist der zweite Blick auf seine Gedichte erhellend: „Die meiste Poesie war mir zu kryptisch“, erklärt de Toys, „ich sehnte mich nach einer klaren, direkten Sprache, die mitten ins Herz trifft. Und das fand ich unter den klassischen Lyrikern nicht.“ Also begann er selbst zu schreiben, arbeitete gegen diesen, wie er es nennt „germanistischen Etikettenschwindel“ aus Schwulst, Schwurbel und der vieldeutigen Bedeutungslosigkeit.

Seit seinen Anfängen sind eine ganze Reihe von Lyrikbänden erschienen. Seine neue Anthologie hat er mitgebracht: „Fraglos leben“ heißt sie und enthält „55 Großartige Gedichte“. Das „Großartige“ sei keine Überheblichkeit, sondern eine ironische Replik* an einen Rezensenten, der ein Jahr zuvor eine andere Veröffentlichung total verrissen hatte. „Dieser kleine Seitenhieb musste sein“, schmunzelt Tom de Toys.

Er ringe mit der Sprache, um sein Ziel, billige Metaphysik und Metaphernwahn in der Lyrik außen vor zu lassen und stattdessen die Sicht auf die Außenwelt und die eigene Gefühlswelt schnörkellos auf den Punkt zu bringen. „Gedichte, die keiner versteht, sollte man eigentlich nur in der Pubertät schreiben, und zwar, weil man sich in dieser Phase selbst nicht versteht.“ Das ist eine glasklare Position, und er setzt noch einen drauf: „Ich werde meinen klaren, geheimnislosen Stil niemals ändern, nur um besser abzuschneiden im offiziellen Lyrikbetrieb.“

Natürlich könne er von seiner Kunst nicht leben, aber darum ginge es ihm ja auch nicht. Sie soll zum Nachdenken anregen, ohne lang und breit und möglicherweise auch falsch interpretiert zu werden.

„Fraglos leben“ enthält Kurzgedichte, Alltagsgedichte, Liebesgedichte, Metagedichte und ein echtes Quantengedicht. Ein was? Im Café schaut Tom de Toys seinen Vater an, Christian Holzapfel, seinerzeit im Forschungszentrum als theoretischer Physiker tätig. „Ja, mein Vater hat mich dazu inspiriert. Die Wissenschaft sucht nach der Weltformel, ich suchte nach dem absolut nicht interpretierbaren Gedicht, ähnlich wie Kasimir Malewitsch dies in der Malerei entwickelt hat, zum Beispiel mit seinem Schwarzen Quadrat.“

Das sei vollkommene Abstraktion, und fügt hinzu, diese in die Lyrik übertragen zu haben. Eines davon ist im neuen Gedichtband zu sehen, und es ist nicht einfach lesbar. Die anderen aber durchaus. Eines davon ist hier in Jülich entstanden, als im vorigen Jahr die Herzogstadt vom Brand in der Zuckerfabrik aufgeschreckt wurde und Tom de Toys auch:

 

Zuckerrübenfabrikbrand


mitten in der nacht aus den süßesten
träumen gestürzt - tinnitus ist rein
gar nichts dagegen: nicht endende
kriegssirenen und martinshörner
dann immer wieder explosionen als
sei die silvesternacht vorverlegt die
apokalypse ist unsichtbar aber so
laut dass ich hinausrenne und durch
die straßen der kleinstadt irre um
einen grund für das spektakel im
unwissenden himmel zu suchen der
dunkel bleibt trotz des feuers weil
rauchschwaden über das land ziehen
die feuerwehr meldet auf digitalen
portalen die fenster zu schließen ich
wecke die nachbarn dann schlafen wir
weiter und warten auf frische luft am
nächsten morgen der ohne verletzte
beginnt dieses eine mal nochmal nur
mit dem schrecken davon gekommen

 

Download
Leseprobe des Gedichtbandes "FRAGLOS LEBEN"
FRAGLOS LEBEN BoD 2019 Leseprobe.pdf
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EIN BELEIDIGTER JOURNALIST, DER ALLES DAFÜR TUT, UM DIE LYRISCHE KUNST VON TOM DE TOYS ZU VERUNGLIMPFEN, IST VIEL SPANNENDER ALS JEDES WOHLWOLLENDE LOB! FÜR "KUNO" IST JEDE LITERATUR ENTWEDER MAINSTREAM, TRASH ODER INDISKUTABEL (INKUNOTABEL). 2015 VERLIEH ER DE TOYS DEN TWITTERATURPREIS - SEIT 2019 DIFFAMIERT ER IHN BESTMÖGLICH UND VERWECHSELT DABEI "ANTIPROSA" (= ESSAYISTISCHE PROSA OHNE FIGUREN) MIT LYRIK. DIE PASSAGEN WERDEN HIER NICHT ZITIERT, UM DEN KATEGORISCHEN FEHLER ZU UNTERLASSEN:

 

"(...) Der Band NEUROSMOG ist eine Sternstunde der Bedeutungslosigkeit. Dem Autor ist inhaltliche Inkompetenz, sprachliche Insuffizienz und stilistische Inkonsequenz vorzuwerfen."

*Aus der Rezension "Abgesang auf einen genialen Dilletanten" von KUNO, 24. Januar 2019

"(...) De Toys hat keine Substanz, und daher macht er eben ganz auf Form. (...) Es bleiben unscharfe Behauptungssätze, die sich außerdem auch noch von Zeile zu Zeile zu widersprechen beginnen. Alles steht unverbunden nebeneinander. Diese zu Zeilen zerhackten Texte erschöpfen sich bestenfalls in Wallungswerten, meist laufen sie auf eine krude Selbsterkenntnis hinaus und einer eitel zu nennenden Eingeweideschau, warum sonst bezeichnet der Autor und Herausgeber sie in Personalunion als Großartige Gedichte? (...) In diesem fraglos überflüssigen Band leidet De Toys ostentativ unter einer unerwiderten Liebe zur deutschen Sprache, die ihn partout nicht mehr erhören will."

Aus der Rezension "Dekorateur" von KUNO, 3. Februar 2020